Briefmarken-Handbuch
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Auktionen
Der definitive Wert einer Briefmarke ist temporär, er entspricht jeweils und nur dann dem Betrag, den ein Verkäufer verlangt und ein Käufer bereit ist zu zahlen. Er stellt damit, zumindest wenn der Käufer ein informierter ist, den realen Wert eines Objekts dar.
Mit dem Ende der Abwicklung der A(u)ktion unterliegt dieses, wie jedes andere Sammelobjekt auch, wieder den Marktmechanismen, also Angebot und Nachfrage.
Noch gültige und postfrische Standard-Briefmarken stellen wertmäßig einzig den Frankier-, also Nutzungswert, dar. Bei deren Verkauf durch Sammler muß in der Regel ein Verlust von ca. 10 % in Kauf genommen werden. Die für diese Objekte herangezogenen Katalogpreise dienen lediglich der Gewinnmaximierung der Verkäufer, auf einen tatsächlichen Wert bezogen sind sie völlig irreal und so ohne jede Bedeutung.
Erst nach Außerkurssetzung unterliegen auch sie der philatelistischen Bewertung, wobei Massen- / Standardware, siehe Bund von ca. 1955 bis 2002 sowie Berlin und DDR von ca. 1955 bis Ende, keinen Sammlerwert darstellt, sondern meist nur einen symbolischen, einen Arbeitsaufwand ausgleichen wollenden Charakter hat oder haben darf.
Briefmarken über Auktionen zu verkaufen oder kaufen zu wollen ist, neben dem Tausch, die Inanspruchnahme des wohl einzig akzeptablen Weges, Briefmarken zu handeln.
Hierbei spielen Katalogwerte nur im weitesten Sinne eine Rolle, überwiegend werden sie ad absurdum geführt.
Beim Verkauf ist der Weg dabei folgender: Sammler (als Beispiel) bieten dem Auktionator Sammelobjekte an, die dieser nach seinen Erfahrungen und / oder den Wünschen seiner Klientel beurteilt / aussucht. Folge kann eine Ablehnung, eine selektive oder auch eine komplette Übernahme sein.
In vorab geführten Gesprächen werden nicht geeignete Objekte erkannt, an weniger qualitätskritische Unternehmen "weitergereicht" oder fallen komplett durch den Raster. Letzteres dürfte das überwiegende Modell sein.
Sollte ein Objekt das Interesse eines Auktionators geweckt haben, besteht, z.B. bei sofortigem Kapitalbedarf, neben der Übernahme in eine Auktion, die Möglichkeit des direkten Kaufs und umgehender Barzahlung. Dieser Deal wäre einem beliebigen Verkauf gleichzusetzen, ist also individuellen Beurteilungen unterworfen und hat mit einer echten Wertfindung wenig oder gar nichts zu tun.
Wird ein Objekt für die Auktion akzeptiert, wird es, je nach Attraktivität, aufgearbeitet, beschrieben, katalogisiert, mit einem Mindestgebot versehen und, bei außergewöhnlichen Objekten, beworben.
Interessenten haben die Möglichkeit, "angedachte" Lose vorab anzusehen, nähere Informationen dazu einzuholen, um so die Qualität beurteilen zu können und, sollte es sich um Q1, also erste Qualität handeln, für sich selbst einen "Höchstgebotspreis", der auf keinen Fall überstiegen werden sollte, zu ermitteln: Stichwort "Erfahrungen sammeln".
Sehr gute, größere und zumal Spitzenobjekte wird ein Auktionator immer diversifizieren, also in kleineren und kleinsten Einheiten anbieten, um so ein optimales Verkaufsergebnis zu erreichen.
Weniger attraktive Objekte, die für den Auktionator mit einem Blick zu erkennen sind, werden, von guten bis sehr guten Spitzen befreit, regelmäßig als "Gesamtobjekte", also z.B. toll umschriebene, jedoch nicht qualitätsgeprüfte Sammlungen angeboten - unter Ausschluß jeglicher Garantien oder Reklamationsmöglichkeiten.
Solche Objekte werden, nachdem sie von den jeweils neuen Besitzern gesichtet und erneut "ausgeräumt" wurden, dann in qualitativ immer weniger anspruchsvollen "Auktionshäusern" und zuletzt (eher wahrscheinlich ewig kreisend) als "Superschnäppchen" (wert-, jedoch nicht kostenlos) angeboten.
Die Zahl der Auktionshäuser hat zwischenzeitlich inflationäre Züge angenommen - und logischerweise, Qualität ist nicht in ausreichendem Umfang vorhanden, ist die dort, falls man davon überhaupt noch sprechen kann, in den Keller gerauscht.
Auch Auktionshäuser arbeiten nicht um Gottes Lohn, verlangen also logischerweise für ihre Arbeit einen Aufpreis. Als ein Beispiel möchte ich ein südbadisches Auktionshaus anführen, dessen Auktionen als Fernauktionen deklariert sind, also keine "Saalversteigerung" beinhalten. Das Mindestgebot beträgt hier € 5,-- (auch für Wertloses!). Zum Zuschlagspreis berechnet der Versteigerer ein Aufgeld von 17 % plus einem Zuschlag von € 1,50 je Los. Auf den Gesamtbetrag wird dann außerdem noch die Mehrwertsteuer von 7 % aufgeschlagen.
Also kostet ein "günstiges" 5,-- Euro-Schnäppchen happige € 7,86, ein Los zu 100,-- Euro 126,80.
Wenn man dann liest, daß die Lose unter Aufwendung größter Gewissenhaftigkeit beschrieben wurden - jedoch ohne jede Verbindlichkeit für den Versteigerer angeboten werden, dann stellen sich schon die Nackenhaare. Weiterhin können Sammlungen, Sammel- oder Restlose nicht beanstandet werden. Wenn ein Los aus mehr als drei Marken besteht, kann es wegen "kleiner" Fehler einzelner Marken nicht zurückgegeben werden. Der Versteigerer haftet nur bei Schäden, die vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht werden.
Die Reklamationsfrist beträgt 10 Tage nach Aushändigung oder Zustellung - und wird an den Einlieferer verwiesen.
Es ist also mehr als notwendig, die Verkaufs- bzw. Kaufbedingungen aufmerksam zu lesen, zu erkennen, mit welchen Schlitzohrigkeiten auch hier Gewinnoptimierung betrieben wird.
Zu den traditionellen Auktionshäusern gesellten und gesellen sich die Internetauktionen, die zweifelsfrei die Zukunft des Handels mit Briefmarken sein werden. Das können auch dümmlichen Angriffe aus Reihen der traditionellen, ewig gestrigen, auf ausschließlich ihren Vorteil bedachten und damit gescheiterten Philatelie nicht ändern.
eBay ist hier der Vorreiter und in Kreisen der ernsthaften Qualitätsphilatelie die absolut dominierende Adresse - allerdings nur bei Auktionen. Festpreis- also "Sofort-Kaufen-Aktionen" sind wieder (überwiegend!) die Sammler übervorteilende Händlerangebote - Finger weg.
Die Vorteile liegen bei den Auktionen (z.B. ab € 1,--) zweifelsfrei in der jederzeitigen Erreichbarkeit der verschiedensten Plattformen, der klaren Erkennbarkeit der Angebote (unbebilderte und festpreisige Angebote bergen größtes Betrugspotential und sind deshalb zu mißachten!), Schrottangebote werden gar nicht oder nur geringfügig beboten, erstklassige dagegen erreichen Gebote, die ihrem tatsächlichen Wert entsprechen, oft spielend Katalogpreise auch um das mehrfache überspringen.
Und der wohl gewaltigste Vorteil ist der, daß wir Sammler an Sammler verkaufen und, im Umkehrschluß, wir Sammler bei Sammlern kaufen. Da gibt es keinen uns übervorteilenden Zwischenhandel, das gekaufte Objekt erstehen wir zu seinem tatsächlichen Wert, minimieren Verlustmöglichkeiten auf ein vernachlässigbares Maß. Die Verkäufer erreichen einen angemessenen Erlös, die Käufer zahlen einen Preis, den sie bei eigenem Verkauf wahrscheinlich jederzeit wieder realisieren können.
Selbst uninformierte Sammler zahlen für Schrott nur den Preis, den er Wert ist (falls man überhaupt von Wert sprechen kann) - im Gegensatz zur heutigen Praxis, wo gerade diese Sammler, besonders von großen Handelshäusern, maßlos übervorteilt werden.
Bei allen Manipulationsvarianten der Briefmarkenlobby sollten Sammler den allerwichtigsten Aspekt, sich dagegen wehren zu können, nicht aus den Augen verlieren: Wissen, Wissen und nochmals Wissen - und das gepaart mit einem immerwährenden, gesunden Mißtrauen.